Im Schatten der großen Geschwister Tonabnehmer, Lautsprecher und Schallplatte lebt ein unscheinbares kleines Wesen, das sich aber bei näherem Hinsehen als ebenso wichtig wie seine großen Brüder erweist: Die Nadel. Sie ist leider ein wenig boshaft, wie so kleine spitze Wesen es oft zu sein pflegen, und rächt sich für die Nichtbeachtung in mancherlei Weise. Zum Beispiel bringt sie der empfindlichen Plattenseele, der Schallrille, Wunden bei und verkürzt damit deren Lebensdauer. Oder sie verzerrt das hohe C eines Tenors so, daß es wie ein Wimmern klingt. Aber wie gesagt, nur dann, wenn man sie schlecht behandelt. Zunächst einmal muß sie aus gutem Stahl sein und sorgfältig geschliffen und gehärtet werden. Je feiner und härter die Spitze ist, um so besser kann sie ihre Pflicht tun. Dann will sie absolut nicht mehr als eine Plattenseite spielen, sonst streikt sie. Das kann man auch Verstehen, wenn man sich einmal vor Augen hält, daß sie ja schon bei einer Seite einer 25-cm-Platte einen Weg von über 250 Meter zurücklegen muß und einen Druck von einigen tausend Atmosphären (!) auszuhalten hat. So ist sie dann nach dieser Anstrengung müde, und die Spitze ist stumpf und schartig. Wie stumpf sie ist, zeigt die Mikroaufnahme einer Nadelspitze nach ein- und nach zweimaliger Benutzung. Diese stumpfe und schartige Spitze kann entweder in die feinen Gänge der Schallrille nicht mehr eindringen oder beschädigt sie, wie denn immer ein müder und kranker Arbeiter mehr Unheil anrichtet, als daß er etwas schafft. Sie sollten wirklich der kleinen Nadel nach ihrer harten Arbeit die wohlverdiente Ruhe gönnen! Sie kostet -auch die Beste- nur einen Bruchteil von Pfennigen, während die Platte, die sie zerstören kann, mehrere Mark kostet. Und der kleinen Mühe wird sich gewiß jeder Plattenfreund gern unterziehen, wenn er nur erst weiß, wie er seiner Platte schadet, wenn er es unterläßt. Der Plattenfreund muß noch wissen, daß es verschiedene Arten von Nadeln gibt, die alle ihren bestimmten Zweck haben. Da heiß eine pick-up und ist ausschließlich für die elektrische Wiedergabe bestimmt; eine Unterscheidung in verschieden Lautstärken ist hier nicht notwendig, weil der Lautstärkeregler (Potentiometer) am Plattenspieler oder am Rundfunkgerät die gewünschte Lautstärke hervorruft. Bei mechanischer Abtastung ist es anders, hier muß die Dicke der Nadel die Lautstärke regeln. Leise, mittel und laut heißen die drei Schwestern, die erste dünn, die zweite dicker und die dritte -vollschlank. Also bitte nicht die kleine bescheidene Nadel vergessen, sie wird Ihre Sorgfalt vielfältig durch verlängerte Lebensdauer und Wohllaut Ihrer Platten vergelten.
Die für die Plattenwiedergabe verwendeten Nadeln bestanden aus Stahl und mußten immer eine scharfe Spitze haben. Daher wurden sie nach dem Bespielen einer Seite ausgewechselt. Durchmesser und Länge der Nadel bestimmten die Lautstärke, so daß die Nadeln nach ihrer Leistung unterschieden wurden: leise mittel stark und extrastark. Weiterhin gab es noch Nadeln, die für einen längeren Gebrauch angeboten wurden: 10, 50, 100 oder mehr Abspielungen.